Regierungspräsident Strampfer kann aber nicht alle Wünsche erfüllen

Dezember 2008

Südwest aktiv Bürgermeister Jürgen Weber (rechts) und Regierungspräsident Hermann Strampfer (Mitte) beim Blick in eine der großen Sonderanfertigungen von CTS, mit der allerlei Umwelteinflüsse und dergleichen simuliert werden können.
Foto: E. Wais

In den Familien dürften die Wunschlisten längst geschrieben sein. Die Stadt Hechingen konnte gestern ihre Förderwunschliste an Regierungspräsident Hermann Strampfer selbst überreichen.

EBERHARD WAIS

Hechingen Hermann Strampfer, Regierungspräsident in Tübingen, mag sich mitunter vorkommen wie der Weihnachtsmann, wenn ihm bei seinen mittlerweile über 100 Vor-Ort-Besuchen in den Städten und Gemeinden des Regierungsbezirks lange Wunschlisten für Fördermittel und Bauvorhaben überreicht werden.

Aber so direkt wollte Hechingens Bürgermeister Jürgen Weber beim Besuch des beamteten staatlichen "Weihnachtsmannes" nicht vorgehen. Also präsentierte er zunächst anhand der Leitlinien zur Stadtentwicklung bis ins Jahr 2015 Ziele und Konzepte der Stadt. Zwölf Entwicklungslinien der wichtigsten kommunalen und gesellschaftlichen Bereiche sind da zusammengefasst und sie charakterisieren die Stadt unterm Zoller recht treffend, auch wenn manche Ziele heuer etwas entfernter scheinen als bei ihrer Formulierung - etwa die Erhebung zur Großen Kreisstadt.

Aber andere, für die Tagesarbeit wichtigere Aufgaben bleiben: die wirtschaftliche Bestandspflege und die Gewerbeflächen (Nasswasen), das touristische Umfeld (Campingplatz) und der Verkehr in Richtung Stuttgart (B 27), die unbestrittene hohe Lebens- und Wohnqualität, der Ausbau der Kinder- und Jugendangebote (und deren Finanzierung) und der schulischen Einrichtungen (Hechingen als starker Schulstandort mit Hallendefizit). Auch der Bereich Soziales und medizinische Versorgung in einer Stadt, die sich gerade das Thema "Gesundheit" auf die Fahnen geschrieben hat, brennt auf den Nägeln (Notfallversorgung), "im Zweifel werden wir uns dafür verkämpfen".

Natürlich ist im Jahr 2008 das Unwetterthema zentral. Die Stadt hatte hierzu eine ganze Reihe von Maßnahmen und Förderanträgen vorbereitet, für die Bürgermeister Weber einen positiven Entscheid erhofft: "Die Menschen brauchen ein Signal, dass es weitergeht". Als da sind die Wuhrbrücke in Schlatt, für die man bei Kosten von einer Millionen Euro 70 Prozent Zuschüsse erhofft. Oder die allgemeinen Hochwasserschutzmaßnahmen, die man gerne zu 50 Prozent gefördert sähe. Auch im Weiherstadion ist der Schaden groß, der Hartplatz muss beispielsweise ersetzt werden und das kostet 250 000 Euro. Oder in der Kläranlage, wo man sich für die nach Abzug der Versicherungsleistungen verbleibenden 250 000 Euro Schaden 60 000 bis 80 000 Euro Zuschuss erhofft. Für die Dreifeldhalle am Gymnasium hat die Stadt einen Zuschussantrag von 730 000 Euro gestellt und hofft auf Gelder aus der Sportförderung. Nicht zuletzt sind zwei Mensen, eine am Schlossberg, die andere am Gymnasium zu bauen, was mit einer ordentlichen Förderung natürlich leichter geht.

Aber wie das so ist mit dem vorweihnachtlichen Wunschzettel, man schreibt immer mehr drauf, als es dann wirklich gibt. So wird auch die Stadt Hechingen wohl mit dem einen oder anderen "Ausfall" ihrer Wunschförderliste rechnen müssen. Das machte Regierungspräsident Strampfer gleich gegenüber der Stadtverwaltung und den Hechinger Gemeinderäten, die sich an diesem Vormittag Zeit für den Besuch genommen hatten, deutlich: Natürlich werde die Region um Hechingen nach dem Unwetter vorrangig behandelt, aber die Fördertöpfe seien deshalb trotzdem begrenzt, zusätzliches Geld müsse woanders eingespart werden. Immerhin habe das Weiherstadion Aussichten auf eine Förderung aus dem Ausgleichsstock. Bei der Dreifeldhalle seien die Chancen ebenfalls da, aber die Sportfördermittel seien mit zwei Millionen Euro bei 90 Anträgen doch sehr gering. Während die Ortskernsanierung in Schlatt mit erhöhter Förderung rechnen könne und die Wuhrbrücke sogar Priorität habe, sähen die Fördermöglichkeiten bei der Kläranlage eher mau aus. Hier gilt die so genannte Schwellenwertberechnung. Solange beispielsweise die Abwassergebühr unter 5,90 Euro liegt, gibt es keine Förderung. Immerhin sei der Schutzdamm wohl förderfähig. Letztlich setzt Regierungspräsident Hermann Strampfer auch noch auf das Milliarden-Konjunktur-Programm des Landes, um das sich das Regierungspräsidium besonders bemühen möchte. Was davon freilich bis nach Hechingen kommt....

...Selbsthilfe könnte da noch der erfolgversprechendere Weg sein. Beispielsweise bei der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen. Ein gutes Beispiel hierfür besichtigten Hermann Strampfer, Bürgermeister Weber und die Gemeinderäte anschließend, als sie die Firma CTS - Clima, Temperatur, Systeme, besuchten. Die Firmenchefs Peter Jehs und Helmut Maute stellten ihr Unternehmen vor, das in rund zwölf Jahren von null auf über 100 (Mitarbeiter) emporschnellte und heute 20 Millionen Euro Umsatz macht. Erst jüngst wurde wieder eine neue Produktionshalle in Betrieb genommen. Sicherlich beeinflusse die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise auch ihr Unternehmen, aber man habe sich auf hoch technische Sonderanfertigungen spezialisiert und komme in dieser "Nische" sehr gut zurecht. Vor allem die Sparte der Umweltsimulationen prosperiert (wobei man etwa die Umwelteinflüsse Grönlands oder des Death Valley in einer Klimaanlage simuliert und dadurch große Kosten spart). Produziert wird, nicht zuletzt wegen der hohen Qualitätsanforderungen, ausschließlich in Deutschland, vertrieben werden die Anlagen und Sonderanfertigungen aber über ein weltweites Netzwerk. Gerade in der breiten Kundenstruktur sieht das Unternehmen auch eine stabile Existenzgarantie.

Aber nicht nur derart innovative "Lichtblicke" im derzeit eher düsteren wirtschaftlichen Umfeld interessierten den Regierungspräsidenten, sondern auch die reale Situation vor Ort. So besichtigte er beispielsweise den Schlatter Ortskern und die Wuhrbrücke.


Erscheinungsdatum: Samstag 13.12.2008
Quelle: http://www.suedwest-aktiv.de/

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